Start 1/2022 KOPFSCHMERZEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN

KOPFSCHMERZEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN

von Nicole Bichler

MIGRÄNE UND SPANNUNGSKOPFSCHMERZEN GEHÖREN ZU DEN HÄUFIGSTEN SCHMERZDIAGNOSEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN. WAS SIND MÖGLICHE URSACHEN, UND WIE KÖNNEN ELTERN IHREM NACHWUCHS HELFEN?

Kopfschmerzen treten oft als Begleiterscheinung etwa einer Erkältung auf und verschwinden, wenn die eigentliche Erkrankung überstanden ist. Doch bei immer mehr Kindern und Jugendlichen werden sie als eigenständiges Krankheitsbild diagnostiziert. In einer Studie* mit 2.700 deutschen Schülern gaben mehr als zwei Drittel an, regelmäßig an Kopfschmerzen zu leiden. Das ist alarmierend. Neben der körperlichen Beeinträchtigung geraten die Kinder schnell in einen Teufelskreis: Sie können wiederholt nicht am Unterricht teilnehmen. Ihre Leistungen werden schlechter, dadurch können sich Schulangst und soziale Isolation entwickeln – Folgen, die ihrerseits Kopfschmerzen begünstigen können.

Den Ursachen auf der Spur

  • Als ersten Schritt lohnt es sich, ­zusammen mit Ihrem Kind auf ­Ursachenforschung zu gehen.
  • Hat Ihr Kind Stress in der Schule, mit dem Lehrstoff, mit Lehrern oder Mitschülern?
  • Fürchtet es sich vor etwas ­besonders?
  • Bewegt es sich zu wenig an der frischen Luft? Täglich ein bis zwei Stunden sollten erreicht werden.
  • Verbringt Ihr Kind zu viel Zeit am Bildschirm? Für 4- bis 6-Jährige gelten ca. 20–30 Minuten pro Tag, für 7- bis 10-Jährige ca. 30–45 ­Minuten und für 11- bis 13-Jährige ca. 60 Minuten pro Tag als Orientierungswerte: www.t1p.de/e1b8 (scoyo.de).
  • Treten die Schmerzen nach dem Verzehr bestimmter Speisen auf?
  • Schläft Ihr Kind ausreichend lange?

Kindgerecht erklärt
Ein Trickfilm der Schmerzklinik Kiel ­erklärt Kindern, woher Kopfschmerzen kommen und wie sie bekämpft werden können: www.youtube.com/watch?v=
NnYYcp4cPOQ

„Häufig können schon einfache, aber gezielte Maßnahmen zu einer Linderung führen. Weniger Termindruck, bewusste Entspannungszeiten (ohne Handy), tägliche Bewegung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (etwa 1,25 Liter Wasser oder andere ungesüßte Getränke), kombiniert mit regelmäßigen und gesunden Mahlzeiten, reduzieren Kopfschmerzen erheblich“, so Privatdozentin Dr. med. Gudrun Goßrau.**

Medizinische Unterstützung

Wenn innerhalb von drei Monaten häufiger Kopfschmerzen auftreten, sollten Sie unbedingt eine Arztpraxis aufsuchen, damit die Schmerzen nicht chronisch werden. „Migräne in der vulnerablen Übergangsphase zwischen dem Jugend- und Erwachsenenalter ist zudem mit einem ­erhöhten Risiko für die Entwicklung weiterer Schmerzen im Erwachsenenalter verbunden. Es besteht deshalb akuter Handlungsbedarf, wenn Kinder regelmäßig an Kopfschmerzen leiden“, so die Expertin weiter. Ist der Alltag bereits durch Kopfschmerzen eingeschränkt, sind ­interdisziplinäre Konzepte gefragt – wie etwa das Dresdner Kinder-/­Jugendkopfschmerzprogramm ­(DreKiP). Mehr Infos dazu finden Sie unter: www.t1p.de/2yg4 (uniklinikum-dresden.de).

»Aktion Mütze«

Im Rahmen der „Aktion Mütze – Kindheit ohne Kopfzerbrechen“ ­haben die Lehrerin Karin Frisch und der Neurologe Prof. Dr. Hartmut ­Göbel von der Schmerzklinik Kiel Unterrichtsmaterial zum kostenlosen Download entwickelt, das auch Schüler und Eltern umfassend über das Thema informiert: www.t1p.de/jm0hs (schmerz­klinik.de). Ein Flyer zur Aktion kann hier heruntergeladen werden: www.t1p.de/g668 (stiftung-­gesundheitsservice.de).

* Nieswand, V., Goßrau, G., et al.: The prevalence of headache in German ­pupils of different ages
and school types. Cephalalgia. 2019 Jul;39(8):1030-1040.
** Leiterin der Kopfschmerzambulanz im Interdisziplinären Universitäts­ SchmerzCentrum am
Universitätsklinikum Dresden und Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2021.

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