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Start 2/2020 STOTTERN: WIDERSPENSTIGE WÖRTER

STOTTERN: WIDERSPENSTIGE WÖRTER

von Nicole Bichler
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WÖRTER, DIE ES SCHON GELERNT HAT, KOMMEN DEM KIND AUF EINMAL NICHT MEHR FLÜSSIG ÜBER DIE LIPPEN. WAS TUN, WENN KLEINE KINDER STOTTERN?

Zunächst einmal: Ruhe bewahren.Etwa fünf Prozent der Kinder zwischen zwei und fünf Jahren sprechen eine Zeit lang nicht flüssig. Sie wiederholen beispielsweise Silben, dehnen Vokale oder bringen Wörter einfach nicht heraus. Bei den meisten verliert sich das Stottern nach wenigen Wochen oder Monaten von selbst wieder.

WAS ELTERN TUN KÖNNEN:

Ob das Kind erst seit Kurzem stottert oder bereits in Therapie ist – durch einen gelassenen Umgang mit dem Stottern im Alltag können Eltern ihr Kind am besten unterstützen.

  • Konzentrieren Sie sich auf den Inhalt, nicht auf die Form dessen, was Ihr Kind sagt.
    Bei starkem Stottern: Wiederholen Sie die Äußerung in abgewandelter Form, um Ihrem Kind zu vermitteln, dass Sie es verstanden haben.
  • Versuchen Sie möglichst entspannte Gesprächssituationen zu schaffen, und geben Sie Ihrem Kind Zeit, Worte und Sätze zu beenden.
  • Lassen Sie Ihr Kind viel sprechen, wenn es flüssig spricht.

Und wenn nicht? Nach sechs, allerspätestens nach zwölf Monaten besteht Handlungsbedarf, damit sich ungünstige Sprechmuster nicht verfestigen. Noch früher sollte eine Therapie beginnen, wenn „verschärfende Umstände“ im Spiel sind. Dazu gehören: Familienangehörige, die stottern, denn Stottern ist zu einem großen Teil genetisch bedingt. Ebenfalls wichtig ist das sogenannte „Störungsbewusstsein“ bei betroffenen Kindern. Dafür kennt die Logopädin Sonja Utikal, Referentin beim Deutschen Bundesverband für Logopädie e. V., Beispiele aus der Praxis: „Manche Kinder schlagen sich auf den Mund oder stampfen mit dem Fuß auf, um das Wort herauszuzwingen. Auch wenn ein Kind stiller wird und das Sprechen vermeidet, ist das ein Alarmsignal.“

Therapie beim Spezialisten

Ansprechpartner ist immer zunächst der Kinderarzt, der das Kind an einen Logopäden oder Sprachtherapeuten überweist. Diese Experten wenden zwei wissenschaftlich anerkannte Methoden an: das Fluency Shaping, bei dem an der Veränderung der Sprechweise gearbeitet wird, und die Stottermodifikation, bei der das Stottern nicht vermieden, aber so verändert wird, dass das Sprechen flüssig wird.

Viele Therapeuten kombinieren die Ansätze. Die Empfehlung von Sonja Utikal: „Wählen Sie eine Praxis mit Behandlungsschwerpunkt Stottern.“ Auf www.dbl.ev-de gibt es im Bereich „Service“ die „Logopädensuche“, bei der man gezielt Kriterien eingeben kann.

Eltern werden immer in die Therapie miteinbezogen. Sie sind Teil der Lösung, nicht Ursache des Problems, betont Sonja Utikal: „Stottern ist kein Hinweis auf psychische Probleme oder falsche Erziehungsmethoden.“

Lohnende Lektüre
In einer verständlich formulierten medizinischen Leitlinie wurde der aktuelle wissenschaftliche Stand zu Ursachen und Therapien für Patienten zusammengefasst. Sie finden sie, wenn Sie in einer Suchmaschine „AWMF Stottern“ eingeben.

Bildnachweis:
iStockphoto/RapidEye