Start 4/2023 GLUTENFREI: ERST TESTEN, DANN VERZICHTEN

GLUTENFREI: ERST TESTEN, DANN VERZICHTEN

von Nicole Bichler

WELTWEIT KÖNNEN IMMER WEINIGER MENSCHEN GLUTENHALTIGE LEBENSMITTEL UNBESCHWERT GENIEßEN. BEVOR BETROFFENE JEDOCH AUF EINE GLUTENFREIE ERNÄHRUNG UMSTEIGEN, SOLLTEN SIE MEDIZINISCHEN RAT EINHOLEN.

Hinter dem Begriff Gluten steckt ein Gemisch aus Eiweißen, das natürlicherweise in den Samen von Getreidearten wie Weizen, Dinkel, Roggen oder Gerste vorkommt, aber auch von der Lebensmittelindustrie für zahlreiche Fertigprodukte genutzt wird. Auf seinen Verzehr reagieren immer mehr Menschen mit ­Magen-Darm-Beschwerden – etwa Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen oder Übelkeit. Ursache kann eine Abwehrreaktion des Immunsystems gegen ­glutenhaltige Produkte sein – die bekannte Zöliakie –, bei der Gluten Auslöser einer Entzündung ist. Aber auch ­eine sogenannte Nicht-Zöliakie ist denkbar. ­Ihr liegt eine Gluten-, besser Weizensen­sitivität zugrunde, bei ­der es auch ­andere Eiweiße in den Getreiden sind, die allergische ­Ent­zündungen auslösen oder sogar Autoimmunerkrankungen wie die chronische Darmentzündung, eine Rheumatoide Arthritis oder Multiple Sklerose verstärken.

Die klassische Weizenallergie tritt in der Regel schon im Kindesalter auf und führt zu sofortigen Atemwegs- und Hautreaktionen nach dem ­Verzehr verschiedener Eiweiße aus Weizen, Dinkel (einer ­älteren Form des modernen ­Weizens), Roggen oder Gerste. Daneben leiden schätzungsweise bis zu fünf Prozent der Erwachsenen an einer ver­zögerten Weizenallergie (Typ 2) mit Blähungen, Bauchschmerzen, Unwohlsein, Verstopfung oder Durchfall.

Tüte mit Obst und Gemüse

Ursache abklären

Die Ursache dieser entzündlichen Erkrankungen ist also vielschichtig, sodass Sie bei Beschwerden zunächst einen Arzt mit entsprechender Fachkompetenz konsultieren ­sollten, bevor Sie auf eine glutenfreie Ernährung umstellen. „In jedem Fall sollte zunächst eine Zöliakie, eine Autoimmun- erkrankung anderer Art oder auch eine ­andere Erkrankung als wesentliche Ursache der Beschwerden festgestellt oder ausgeschlossen werden“, so Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Experte der Deutschen Gesellschaft ­für Gas­troenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten.

Portrait eines Arztes

Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Detlef Schuppan, Leiter des Instituts für Trans­lationale Immunologie und der Ambulanz für Zöliakie, Darmerkrankungen und Autoimmunität der Universität Mainz.

Natürliche Lebensmittel ­bevorzugen

Nach der ärztlichen Diagnose ist es vor allem für Zöliakie-Betroffene hilfreich, die Ernährungsumstellung mit fachkundiger Beratung anzugehen. „Wer sie allein startet, sollte sich vor allem nicht ausschließlich auf die zahlreich angebotenen Gluten-Ersatzprodukte in Lebensmittelmärkten verlassen. Sie haben oft zu wenig Ballaststoffe und Vitamine, dafür aber häufig mehr Zucker, Salz und ­ungesättigte Fettsäuren als die ent­sprechenden glutenhaltigen Varianten. Ein Zuviel solcher Produkte kann sowohl das Körpergewicht als auch das ­Risiko für Folgeerkrankungen wie ­Diabetes Typ 2 erhöhen“, so Schuppan weiter.

Gluten und insbesondere Weizen zu vermeiden und dabei gesund zu essen gelingt am besten, wenn Sie selbst ­kochen und backen. Grundlage sollten frische, unver­ar­beitete ­Lebensmittel sein. Zum Backen von Brot und ­Kuchen gibt es gute Mehlalternativen zu Weizen und Co. – beispielsweise

  • das geschmacksneutrale Vollkornreismehl
  • das leckere Nussmehl mit vielen Ballaststoffen, Proteinen und guten Fetten
  • das intensiv schmeckende Buchweizenmehl für herzhafte und süße Speisen.

Für leckere Beilagen zu ­Currys, Eintöpfen und für Buddha Bowls eignen sich sogenannte Pseudo­getreide wie Quinoa, Amaranth, Buchweizen oder Hirse, die Sie wie Reis kochen können.

Frau schaut suchend in ein Lebensmittelregal

Einkaufen erfordert genaues Hinsehen und Prüfen der Zutatenliste. Gluten-Ersatzprodukte enthalten häufig viel Zucker und wenig Ballaststoffe.

REZEPT

BUCHWEIZEN MIT CHIASAMEN: EINFACH LECKER

Buchweizen ist von Natur aus glutenfrei und zeichnet sich durch einen besonders hohen Anteil an bio­logisch wertvollem Eiweiß, Ballaststoffen, Vitaminen der B-Gruppe und Mineralstoffen aus. Chiasamen punkten ebenfalls mit Ballaststoffen, aber auch pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren.

Zutaten:

  • 40 g Chiasamen
  • 240 ml + 160 ml Wasser
  • 300 g Buchweizenmehl
  • 3 TL Backpulver
  • 1 TL Salz
  • 60 ml Rapsöl oder ein anderes flüssiges Öl
  • Topping (optional): 35 g Sonnenblumenkerne oder
    andere Kerne und/oder Saaten

Zubereitung:

  1. Die Chiasamen und 240 ml Wasser in einem Gefäß ­verrühren, dann 20 Minuten quellen lassen, bis eine ­gelartige Konsistenz entsteht.
  2. Den Backofen auf 180° C Ober-/Unterhitze vorheizen.
  3. Eine kleine 20-cm-Kastenform leicht einfetten und mit Backpapier auslegen, sodass es auf beiden Seiten etwas übersteht.
  4. In einer Rührschüssel Buchweizenmehl, Backpulver und Salz vermischen. 160 ml Wasser, das Rapsöl und die Chiasamen-Mischung hinzufügen und alles kurz (!) – sonst geht der Teig nicht gut auf – zu ­einem Teig verrühren.
  5. Den klebrigen Teig in die vor­bereitete Brotbackform geben und gleichmäßig glatt streichen.
  6. Nach Belieben Sonnenblumenkerne darüber­streuen und das Brot circa 70 Minuten backen. ­Anschließend aus dem Ofen nehmen, vollständig abkühlen lassen und genießen.

Rezept von biancazapatka.com/de/buchweizen-chia-brot/

Aufgeschnittenes dunkles Brot mit Körnern

Bildnachweis:
iStock/Sonja Rachbauer, /aquaArts studio, Universitätsmedizin Mainz, biancazapatka